Hast du manchmal auch den Eindruck, dass dir die Zeit zwischen den Händen zerrinnt? Viele Menschen fühlen sich getrieben und schaffen es kaum mehr, einmal nichts zu tun und zur Ruhe zu kommen. Umso herausfordernder ist es, dem Zeitgeist entgegen einfach eine Weile zwecklos für sich zu sein.
Nicht nur in den östlichen Religionen wie Hinduismus und Buddhismus, sondern auch im Judentum, im Christentum und im Islam, werden die Menschen dazu ermuntert, sich bewusst Zeit für Stille und Meditation zu nehmen und so in Einklang zu kommen mit sich selbst und mit der Welt. Dort, in der Stille, wenn möglichst alle äusseren Appelle und auch unsere inneren Stimmen verstummen, kann Gott uns begegnen und uns mit seiner leisen Stimme ins Herz reden.
Vielleicht nimmst du dir vor, jeden Tag einen kurzen Moment innezuhalten und ruhig zu werden. Das kann ein Schritt sein zu mehr Gelassenheit und innerer Ruhe.
Eine Geschichte
Eines Tages kamen zu einem einsamen Mönch einige Menschen. Sie fragten ihn: «Was für einen Sinn siehst du in deinem Leben der Stille und Meditation?» Der Mönch war mit dem Schöpfen von Wasser aus einem tiefen Brunnen beschäftigt. Er sprach zu seinen Besuchern: «Schaut in den Brunnen. Was seht ihr?« Die Leute blickten in den tiefen Brunnen: «Wir sehen nichts!»
Nach einer kurzen Weile forderte der Mönch die Leute erneut auf: «Schaut in den Brunnen! Was seht ihr jetzt?» Die Leute blickten wieder hinunter: «Ja, jetzt sehen wir uns selbst!»
Der Mönch sprach: «Nun, als ich vorhin Wasser schöpfte, war das Wasser unruhig. Jetzt ist das Wasser ruhig. Das ist die Erfahrung der Stille und der Meditation: Man sieht sich selber! Und nun wartet noch eine Weile.»
Nach einer Weile sagte der Mönch erneut: «Schaut jetzt in den Brunnen. Was seht ihr?» Die Menschen schauten hinunter: «Nun sehen wir die Steine auf dem Grund des Brunnens.»
Da erklärte der Mönch: «Das ist die Erfahrung der Stille und der Meditation. Wenn man lange genug wartet, sieht man den Grund aller Dinge.»
Aber auch fliessendes Wasser hat mit Ruhe zu tun, obwohl es in dauernder Bewegung ist. Wir können zwar unser Spiegelbild darin nicht klar sehen, aber das beständige Fliessen erinnert uns an unser Leben und die Zeit, die unaufhaltsam voranschreitet. Das Jetzt ist im nächsten Augenblick vergangen und die Zukunft ist schon bald Gegenwart. Auch wenn wir zur Ruhe gefunden haben, fliesst das Leben in uns weiter. Unser Herz schlägt weiter, unser Atem geht weiter und unsere Gedanken sind immer noch da. Ist das vielleicht der Grund, warum auch ein fliessendes Gewässer eine beruhigende Wirkung auf uns hat?
Henri Frederic Amiel hat in einfachen Worten gezeigt, wie wir eins werden können mit uns selbst:
«Lerne zu sein, der du bist.
Und lerne gelassen
auf all das zu verzichten,
was du nicht bist.»
Es ist nicht einfach, sich mit dem zu begnügen, wer ich bin. Ich möchte gerne noch so sein wie der oder jene. Ich möchte ihre Intelligenz und seinen Erfolg haben. Doch dann jage ich dem Glück immer hinterher, ohne es je zu erreichen. Der einzige Weg zum Einklang mit mir selbst ist der Verzicht auf all das, was nicht meinem wahren Wesen entspricht. Ich soll mir keine Sorgen machen um das, was mir nicht entspricht. Es genügt, ganz die Person zu sein, die ich bin.
Ein Text aus der Bibel
«Gott war nicht im Sturmwind und Gott war auch nicht im Erdbeben. Und nach dem Erdbeben kam ein Feuer, und Gott war auch nicht im Feuer. Nach dem Feuer aber kam das Flüstern eines sanften Windhauchs, und als Elijah das hörte, verhüllte er sein Angesicht mit seinem Mantel. Dann ging er hinaus und trat an den Eingang der Höhle, und siehe, da sprach eine Stimme zu ihm.» - Bibel: 1. Könige 19,11-13
Zum Hören:
Martin und Jennifer Pepper – Gott segne dich (Songvideo) (youtube.com)